Im Intermodalverkehr tätige Logistikunternehmen haben eine neue Plattform, auf der sie sich regelmäßig austauschen, aktuelle Themen diskutieren und Ideen besprechen können. Ortstermine gab es bereits in Stuttgart, Ludwigshafen und Singen. Initiator ist der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL), der die Sparte Schienengüterverkehr ins Leben rief.

Die Schiene hat eine riesige Hebelwirkung beim Klimaschutz. Wer also seinen CO2-Fußabdruck schnell und signifikant verkleinern möchte, übergibt seine Hauptläufe der Bahn. Doch klar: Das ist leichter gesagt als getan. In der Praxis sind intermodale Transportketten viel komplexer als ein reiner Lkw-Fernverkehr. Es braucht planbare und regelmäßige Mengen in eine bestimmte Relation, im Idealfall mit entsprechender Paarigkeit. Es braucht auch die nötigen Zugangebote durch EVUs oder Operateure. Zusätzlich müssen die Angebote mit Blick auf Preis und Laufzeiten überzeugen, stehen sie doch immer im Wettbewerb zur Straße. Und es braucht vor allem den Willen aller Akteure, die Schiene auch wirklich nutzen und stärken zu wollen. Nur mit einem entsprechenden Mindset kann die Verlagerung gelingen.

Auch die Verantwortlichen im Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) sehen bei allen Herausforderungen die Potenziale der Schiene. Viele namhafte Industrieunternehmen haben ihren Sitz im Südwesten – ob aus der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. Sie leben in besonders starkem Maße vom Export. Entsprechend hohe Bedeutung haben leistungsfähige Verkehrswege und eine starke Logistik. Hier kommen die VSL-Mitgliedsunternehmen ins Spiel, von denen sich mehrere seit Jahren schon im Intermodalverkehr und auch bei Kombiverkehr engagieren – darunter zum Beispiel Bay Logistik, Ansorge Logistik oder die Winner Spedition. Gleichzeitig möchte der VSL weitere Unternehmen für die Schiene gewinnen. Dazu brauchen interessierte Unternehmen entsprechende Informationen – am besten aus erster Hand. Denn am Anfang hat jeder viele Fragen. Dafür bietet der VSL seit März 2024 mit seiner neuen Sparte Schienengüterverkehr eine Plattform, auf der sich Unternehmen aus allen Bereichen des Kombinierten Verkehrs offen und vertrauensvoll austauschen können – ob Speditionen, EVUs, Operateure oder Terminalbetreiber. Von Anfang an mit dabei ist zum Beispiel auch Frank Werner, Leiter Logistikkonzepte bei Kombiverkehr.

Weichen stellen, um noch mehr Verkehre der Schiene zu übergeben

Dr. Micha Lege, Präsident des VSL Baden-Würrtemberg

„Für weniger Staus auf den Straßen und mehr Klimaschutz müssen wir mehr Güter auf die Bahn bringen“, betonte VSL-Präsident Dr. Micha Lege zur Spartengründung mit rund 20 interessierten Vertretern aus Spedition und Logistik. „Gemeinsam müssen wir die Weichen stellen, um noch mehr Verkehre der umweltfreundlichen Schiene zu übergeben.“ Zugleich machte Dr. Lege deutlich, dass die Bahn als Treiber der Mobilitätswende noch Luft nach oben habe und zählte einige der aktuellen Probleme auf, unter denen Bahn-Kunden leiden: ein schlechtes Baustellenmanagement, lange Verspätungen sowie unzureichende Informationen. VSL-Geschäftsführer Andrea Marongiu hob hervor, dass die Branche neben Planbarkeit und Echtzeit-Information vor allem auch eine moderne und digitale Schienen-Infrastruktur benötigt. „Sie ist die Basis für Qualität und Pünktlichkeit“, sagte er. Nach einem intensiven Austausch untereinander stellte eine Delegation des internationalen Containerlogistik-Betreibers DP World seine Aktivitäten am Stuttgarter Hafen vor – nur wenige Meter von der VSL-Geschäftsstelle in Stuttgart-Wangen entfernt.

Weitere Treffen der bahnaffinen Unternehmerinnen und Unternehmer im VSL fanden seitdem im weltgrößten Chemiewerk, bei BASF in Ludwigshafen, sowie beim Logistikdienstleister Transco in Singen statt. Bei BASF konnten sich die Spartenmitglieder ein Bild von der 2018 eröffneten, hoch automatisierten Tankcontaineranlage machen. Bis zu 2.000 Container – jeweils bis zu 75 Tonnen schwer – können dort auf bis zu sechs Stapeln gelagert werden. Die Anlieferung kann sowohl über die Schiene auf speziellen Containertragwagen als auch per Straße erfolgen. Der Clou: Für den innerbetrieblichen Transport auf der Straße ist kein Fahrer erforderlich, denn die Container verkehren, aufgesetzt auf ein spezielles Chassis, als Roboterfahrzeuge (AGVs) autonom. In unmittelbarer Nachbarschaft zu BASF liegt das Kombi-Terminal Ludwigshafen (KTL), an dem Kombiverkehr zu 20 Prozent beteiligt ist. Pro Tag bis zu 25 Züge wickelt das KTL mit seinen 160 Mitarbeitenden ab. Geschäftsführer Harald Schlegel sprach über die Anstrengungen des Unternehmens in puncto Nachhaltigkeit und führte die VSL-Delegation im Bus durch die drei Module des Terminals eine der bundesweit größten Drehscheiben für intermodale Verkehre.

Ortstermin Singen: alpenquerender Verkehr klar im Fokus

Von Ludwigshafen nach Singen: Das bisher dritte Treffen der VSL-Schienensparte fand beim Verbandsmitglied Transco statt. Transco-Inhaber Christian Bücheler und Mike Bührer, Head of Branch bei dem 700 Mitarbeiter großen Unternehmen, gaben den Praktikern Einblicke in die Lebensmittel- und Automotive-Logistik und präsentierten ihnen am Standort Gottmadingen den vollautomatischen Autostore. Mithilfe des für Kleinteile bis zu 30 Kilogramm geeigneten Roboter-Lagers wickelt Transco die komplette Logistik für Online-Shops aus der Textil- und Kosmetikbranche ab und erledigt alle anfallenden Verzollungen. Da die Besucher sich alle im Schienengüterverkehr engagieren, hatte Transco auch einen Abstecher zum nahe gelegenen Hupac-Terminal Singen organisiert. Der auf 80.000 Ladeeinheiten im Jahr ausgelegte Güterbahnhof fertigt ein bis sechs Züge täglich ab, das Gros davon im alpenquerenden Verkehr unter anderem nach Brescia oder Busto Arsizio in Italien, wie Betriebsleiter Rolf Dehner bei einer Busfahrt über das Terminal erläuterte. Einige Auflieger kommen bereits per Elektro-Lkw an der Drehscheibe an.

Einblicke in aktuelle Herausforderungen gab beim dritten Spartentreffen Kombiverkehr-Vertreter Frank Werner. Der Leiter des Bereichs Logistikkonzepte erläuterte, wie es dem Frankfurter Dienstleister gelang, einen Großteil seiner Verkehre binnen eines halben Jahres vom Kommanditisten DB Cargo auf andere Traktionäre zu übertragen. Die vor dem Hintergrund eines Verfahrens der EU gegen die Bundesrepublik eingeleitete, bis dato einmalige Traktionsumstellung verlief erfolgreich. Die Herausforderungen auf der Schiene aber bleiben, wie alle Akteure der Sparte Schienengüterverkehr bestätigten. Qualität, Pünktlichkeit müssen steigen, DB InfraGo müsse die Transparenz und Kommunikation verbessern. Weiterhin forderten die Teilnehmer mehr Sensibilität beim Thema Preiserhöhungen. Die neue Bundesregierung will die Bahn zurück auf die Erfolgsspur bringen. Die VSL-Spartenmitglieder bauen darauf, dass ihr das gelingt. Dann steigt auch die Akzeptanz des Systems Schiene – und die Bahn kann ihre Hebelwirkung beim Klimaschutz noch viel stärker ausspielen.

Bildnachweis: Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL)

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